BAUEN IN SPANIEN (Wirtschaftswoche 22 2006 )
In Eigenregie zur neuen Villa
Bauherr in Spanien zu werden heißt nicht, sich auf ein Abenteuer einzulassen.
Dennoch gilt es, einiges zu bedenken. Erfahrungen von Deutschen an der Costa Blanca
“Vorsicht vor falschen Freunden”, warnt der Spanien-Resident Jürgen B. Wenn hier jemand im Zusammenhang mit Immobilien etwas empfiehlt, geht es in 80 Prozent der Fälle darum, dass er irgendwo eine Provision kassieren will. Der Freiburger erzählt, dass er nach dem Entschluss, sein Unternehmen im Schwarzwald zu verkaufen, um den Ruhestand in einem neu gebauten Haus an der Costa Blanca zu genießen, erst einmal viel Lehrgeld zahlen musste. Heute, zehn Jahre später, sitzt der Ex-Unternehmer entspannt und tief gebräunt mit Ehefrau Waltraud auf der Terrasse seines fertigen Traumhauses in Dénia. Nur die durch Anwalts- und Gerichtskosten verlorenen 30.000 Euro schmerzen noch etwas. Aber Jürgen B. kennt jetzt die Tricks und Fußangeln. Und er möchte, dass andere daraus lernen. Denn wer sich an die Spielregeln hält und genauso wachsam wie in Deutschland ist, kann problemlos sein individuelles Traumhaus bauen und sich am gesunden, warmen Klima der Costa Blanca erfreuen. Entscheidend für den Erfolg sind kompetente und seriöse Partner. Grundsätzlich besteht das verantwortliche Team am Bau in Spanien aus drei Personen: Erstens ist da der Architekt (arquitecto), der das Haus plant und die Baugenehmigung beantragt. Er ist Oberbauleiter und oberste Instanz im Bauteam. Nach der Fertigstellung des Baus erteilt er sein Zertifikat final de obra, das Vorausetzung für die gemeindliche Schlussabnahme ist. Die zweite Person ist der Bauingenieur (arquitecto técnico oder aparejador). Er verantwortet die Statik und überwacht die Bauarbeiten. Zudem erstellt er ein Kontrollund Sicherheitsprojekt, das mit dem Bauantrag abzugeben ist, und veranlasst Prüfungen der Qualität der Baumaterialien. Dritter im Bunde ist der Bauunternehmer (constructor), der die Projektnormen erfüllen muss, für die Qualität seiner Arbeiten geradesteht und sich kontinuierlich mit dem Bauingenieur abstimmt. In der Praxis läuft es meist so, dass ein potentieller Bauherr sich zunächst einen Architekten oder wohl häufiger einen Bauunternehmer sucht, der dann wiederum das Team zusammenstellt beziehungsweise Empfehlungen ausspricht. Wie wird dieser seriöse Partner aber nun gefunden Jürgen B. hat eigentlich alles richtig gemacht, indem er in seiner Wunschgegend, an der nördlichen Costa Blanca, eine Wohnung anmietete, um sich erst einmal genau umzuschauen. Nur waren da dann eben diese deutschen Nachbarn, die sich im Nachhinein als falsche Freunde herausstellten. Sie empfahlen den Neuankömmlingen unbedingt einen ganz bestimmten Bauunternehmer
- ebenfalls ein Deutscher
- dessen Preiskalkulation auch noch ungewöhnlich günstig war
Von seiner Fachkompetenz überzeugte er uns, indem er uns eine attraktive Neubauvilla zeigte. Erst viel später merkten wir, dass er diese Villa gar nicht gebaut hatte, beschreibt Jürgen B. einen beliebten Trick unseriöser Bauunternehmer. Auch so genannte Schutzgemeinschaften, die Auskünfte über Firmen erteilen, böten nur eine trügerische Sicherheit. Das Geld könne man sich sparen. Niemand wisse, ob da nicht vorher etwas ausgehandelt worden sei. Der entscheidende Fehler aber, der dann für Jürgen B. und seine Frau teuer wurde, war, den Hausbau in der Bauphase noch einmal zu erweitern, ohne diesen Zusatzauftrag vertraglich festzuhalten. Dass es anders geht und gerade auch in Dénia viele seriöse Unternehmen tätig sind, merkte Jürgen B. erst spät mit dem Wechsel zum deutsch-spanischen Team Tip Top als neuem Baupartner. Ein anderes deutsches Residentenpaar, Marion und Klaus Neumann aus München, hatte solche Probleme beim Villenbau in Dénia nicht. Allerdings sind wir hier mit falschen Preisvorstellungen hergekommen, erinnert sich Klaus Neumann. Grundsätzlich muss bei der Suche nach einem geeigneten Baupartner eine richtige Auslese getroffen werden.
Am besten sollte man sich von mehreren Anbietern Infomaterial schicken lassen. Zu den interessantesten Firmen wird dann Kontakt aufgenommen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Gesprächspartner Erfahrung und gute Fachkenntnisse haben und nicht lediglich geschulte Redner sind. Wichtig ist die Besichtigungstour vor Ort, bei der nicht nur ein einziger Bauträger konsultiert werden sollte. Besser ist es, mit zwei oder drei Firmen zu reden. Und es ist sinnvoll, sich Häuser in verschiedenen Baustadien zeigen zu lassen und auch unabhängig vom Verkäufer mit Kunden der jeweiligen Firma zu reden. Der Resident Jürgen B. vertraut Spaniern inzwischen sogar mehr als Deutschen. Denn wer, wie die Spanier, an der Costa Blanca dauerhaft lebt, wer dort ein Haus, Freunde, eine Familie und Kinder in den Schulen hat, wird kaum seinen Ruf mit unseriösen Machenschaften aufs Spiel setzen. Beim Firmenvergleich sind natürlich nicht zuletzt auch die Baukosten ein entscheidender Faktor. Dabei gilt: Qualität hat seinen Preis.
Bei Billigangeboten sollten die Alarmglocken läuten. Beim Preisvergleich ist besonders darauf zu achten, was die Kalkulation des Anbieters alles beinhaltet zum Beispiel in Bezug auf kostspielige Küchengeräte oder die Installation von Heizung und Klimaanlage. Wird solide und mit guten Materialien gebaut, ähneln sich die Baupreise in der Regel. Viel entscheidender für den Preis sind das Grundstück und die Lage. Etliche Bauträger halten für ihre Kunden Grundstücke vorrätig. Selbst ein Grundstück zu suchen ist besonders am unmittelbaren Küstensaum von Spaniens Topstandorten fast unmöglich. Zudem sind rechtliche Fragen zu klären. Es empfiehlt sich in jedem Fall, beim Grundstückskauf einen neutralen ? auch vom Bauträger unabhängigen ? Experten einzuschalten. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob auf dem Grundstück überhaupt in der gewünschten Weise gebaut werden darf. Eine Bebaubarkeitsbescheinigung vom Bauordnungsamt sollte auf jeden Fall vorliegen. Außerdem ist zu prüfen, ob das Grundstück frei von Belastungen ist, ob Zugangs- oder Wegerechte eingetragen sind und ob die Grundstücksgröße im Grundbuch korrekt vermerkt ist. Im ländlichen Bereich muss geklärt werden, ob die Versorgungsanschlüsse für Strom, Wasser und Gas vorhanden sind. Und auch hinsichtlich der Lage gilt es noch, einiges zu bedenken. Eine gute Aussicht, wie man sie zum Beispiel in Hanglagen meistens hat, ist nicht alles. Oft müssen Hausbesitzer gerade dort auch viele Treppen und Höhenunterschiede überwinden, was mit zunehmendem Alter zur Belastung werden kann. Wichtig ist zudem die Sonneneinstrahlung, besonders im Winter, wenn es auch schon mal kühl wird. Am besten checkt man vor Ort morgens, mittags und abends den Stand der Sonne, bevor ein Grundstück gekauft wird. Besonderes Augenmerk sollte auf den Bauvertrag gelegt werden. Wichtige Punkte: Keinen Vertrag unterzeichnen, der vom Bauträger einseitig vorgegeben ist; eine Vertragsstrafe bei Fertigstellungsverzug muss festgelegt sein; im Zahlungsplan sollten Abschlagszahlungen an exakt definierbare und überprüfbare Bauabschnitte gekoppelt sein. Last but not least ist der Aspekt der Konzeption eines mediterranen Hauses von besonderer Bedeutung. Ein Tipp von den beiden deutschen Residentenpaaren aus Dénia: ?Wer über längere Zeit in Spanien lebt, sollte sich mit dem Haus gegenüber Deutschland auf keinen Fall verschlechtern.? Bei der Bauplanung ist zu bedenken, dass normale spanische Häuser oft nur recht kleine Räume haben. Da fühlen sich Deutsche schnell eingeengt ? zumal wenn man wie im Ruhestand fast den ganzen Tag zusammenlebt. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Außenbereich.
In einem sonnigen Klima hält man sich zumeist draußen auf. Also gehören schöne Pflanzen, der Pool und ein Barbecue einfach dazu.Das Ehepaar Neumann hat sich neben den Pool nicht nur einen großen Pavillon gebaut, von dem aus man auch an kühleren Tagen beim Dinner die volle Aussicht genießen kann; rund um die Villa sind auch verschiedene Terrassen mit Sitzgruppen verteilt: Egal aus welcher Richtung die Brise weht, irgendwo ist es am Haus immer windgeschützt. Fazit: Wer es sich leisten kann, sollte lieber selbst bauen. Denn gerade ein vermeintlich billiges Objekt kann durch Renovierungen oder Umbauten am Ende viel teurer werden. Und auch die individuelle Gestaltung von Wohnräumen lässt sich auf diese Weise am besten verwirklichen.