Ein Segelparadies
Nur wenige Monate noch, dann ist es mit der Ruhe vorbei. Dann wird vor Valencia um den America’s Cup gesegelt. Und wo die schnellsten Segelyachten der Welt in Vorausscheidungskämpfen ihre Kräfte messen, will auch der eine oder andere Freizeitskipper dabei sein. In Valencia selbst werden ab Mai 2006 mehr als hunderttausend Segelfans aus aller Welt erwartet.
Damit gelangt auch die etwas südlicher gelegene Costa Bianca zu einer Aufmerksamkeit, die ihr jahrelang versagt war. Mit langen Sandstränden zum Entspannen gesegnet, macht das Revier vom Boot aus betrachtet oft einen intönigen Eindruck.
„Zu Unrecht”, sagt Karl Künen.
„Man muß nur von Denia aus Richtung Süden segeln, dann hat man sofort eine abwechslungsreiche Küste.” Der 52jährige Hamburger war jahrelang als Chartergast an der Costa Bianca unterwegs, bevor er Anfang 2005 beschloß, sich ganz in Denia niederzulassen. Sein Hobby machte er zum Beruf, indem er einen Yachtstützpunkt eröffnete.
An Denia gefiel ihm, daß der Hafen weder hypermoderne Manna noch verschlafenes Fischernest ist, sondern über gewachsene Strukturen verfügt. „Denia ist einer der größten spanischen Mittelmeerhafen, mit wichtigen Fähranbindungen und einer großen Fischereiflotte”, sagt Künen. Seit einigen Jahren ist Denia auch ein Zentrum modernen Yachtsports. Die Marina des Real Club Nautico, der Stadthafen und eine im Jahre 2000 eröffnete Marina bieten über 1200 Liegeplätze.
Diese steigende Nachfrage verwundert nicht. Denn schon kurz hinter Denia beginnt Richtung Alicante eine Steilküste, die ähnlich reizvoll ist wie auf den Baleareninseln. Hier findet man kleine Buchten, in denen man ungestört ankern kann, und zerklüftete, steil ins Meer abfallende Landzungen.
Fast überall können Skipper mit ihren Booten bis auf circa 50 Meter an die Küste heran. „Um Portichol herum gibt es auch schöne Schnorchelgründe”, sagt Jutta Künen, 51, die mit ihrem Mann für Charterer Tages- und Wochenendtörns arrangiert. Karls Tip ist die Bucht des Ganadella-Strandes, etwa 17 Seemeilen südöstlich von Denia kurz vor Moraira, „Dort kommt man mit dem Dingi direkt an den Strand.”
Auch für längere Segelreisen ist das Revier geeignet. Ibiza und Formentera liegen praktisch vor der Haustür. Nicht nur Chartertouristen, auch einheimische Skipper vom spanischen Festland wissen diese Nähe zu schätzen. Mit einem Liegeplatz in Denia, Gandia oder Moraira ist man nur 60 bis 80 Seemeilen von Ibiza entfernt und hat keine Probleme mit den dortigen horrenden Liegeplatzgebühren. Für Segler ist der Törn zum Archipel allerdings meist eine kleine Herausforderung. „Im Sommer herrschen östliche bis nordöstliche Winde vor, man muß nach Ibiza kreuzen”, sagt Künen.
Einheimische haben die Zeichen der Zeit an der Costa Bianca längst erkannt. „Ich wunderte mich, als mir mein Stegnachbar vorschlug, ihm meinen Liegeplatz für die Dauer meines Sommertörns 2006 zu vermieten”, erzählt Colin Rawlings. Erst später bekam der Skipper heraus, was sein gewiefter Nachbar im Schilde führte: Der Mann hatte sich schon 40 Seemeilen weiter südlich einen neuen Platz besorgt und wollte mit der Weitervermietung seiner Denia-Liegeplätze Geld verdienen.
Auch die America’s-Cup-Segler haben die Costa Bianca entdeckt. Das französische Team K-ChalIenge liegt nicht mit den Konkurrenten im Hafen von Valencia, sondern hat nahe Denia in Gandia Quartier genommen. Außer der günstigeren Miete gab es noch einen seglerischen Grund für diesen Schritt. „Durch die stärkere Thermik haben wir hier morgens und am späten Nachmittag fast zwei Stunden länger Wind als in Valencia“, sagt Chefdesigner Dimitri Nicodopoulos.